Irakische Regierung will mit Sozialpaket besänftigen

  07 Oktober 2019    Gelesen: 636
  Irakische Regierung will mit Sozialpaket besänftigen

Seit Tagen demonstrieren Menschen in Irak gegen Korruption und Arbeitslosigkeit. Sicherheitskräfte gehen brutal dagegen vor, es gibt Dutzende Tote und Verletzte. Den Opfern verspricht die Regierung jetzt "Märtyrer"-Status.

Die Demonstrationen in Irak dauern an, inzwischen sind dabei über 100 Menschen ums Leben gekommen. Die irakische Regierung versucht, die Situation mit einem sozialen Maßnahmenpaket zu beruhigen. Unter anderem sollen im ganzen Land 100.000 neue Wohnungen gebaut werden, wie Regierungschef Adel Abdel Mahdi nach einer Sitzung des Kabinetts am späten Samstagabend sagte. Rund 150.000 arbeitslose Iraker sollen zudem in Weiterbildungsprogrammen gefördert werden. Außerdem sollen die Opfer der vergangenen Tage als "Märtyrer" angesehen werden, was den Angehörigen Unterstützung zukommen lasse, heißt es in dem Maßnahmenpaket.

Seit Dienstag gehen in zahlreichen Städten und Provinzen des Iraks Tausende vor allem junge Menschen auf die Straßen, um gegen Korruption und Misswirtschaft zu demonstrieren. Mindestens 104 Menschen seien dabei bislang ums Leben gekommen, teilte ein Sprecher des irakischen Innenministeriums mit. Mehr als 6100 wurden demnach verletzt. Unter den Toten seien auch acht Sicherheitskräfte.

Schüsse und Tränengas gegen Demonstranten eingesetzt

Die Sicherheitskräfte waren in den vergangenen Tagen immer wieder mit Tränengas und Schüssen gegen die Protestler vorgegangen. Aktivisten beklagten sich in sozialen Medien über das brutale Vorgehen. Im Internet und in irakischen Sendern waren Aufnahmen von Toten und Verletzten zu sehen. Auch Schüsse waren zu hören. Demonstranten blockierten Straßen und zündeten Reifen an. Dutzende Gebäude wurden beschädigt. (Lesen Sie hier mehr zu den Protesten)

In der Nacht zu Sonntag hatte es erneut vereinzelt Ausschreitungen gegeben, wie in Videos in den sozialen Netzwerken zu sehen war. Demonstranten zündeten Autoreifen an und errichteten Barrikaden. Am Sonntag kehrte zunächst etwas Ruhe ein und Stadtarbeiter in Bagdad begannen mit Aufräumarbeiten.

Trotz der Ölreserven des Iraks ist die Arbeitslosigkeit vor allem unter jungen Menschen hoch. Nach einer Übersicht von Transparency International gehört der Irak zu den zwölf Ländern mit der höchsten Korruption weltweit. Die Arbeitslosigkeit stieg in den vergangenen Jahren stark. Bereits im vergangenen Jahr hatte es in der südirakischen Stadt Basra Massenproteste gegen die schlechte Stromversorgung und die schlechte Qualität des Trinkwassers gegeben. Auch damals kamen mehrere Menschen ums Leben.

Am Samstagabend berichteten der irakische Sender NRT und der von Saudi-Arabien finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija, dass ihre Studios in Bagdad gestürmt worden seien. Aus Sicherheitskreisen hieß es, Mitarbeiter von Al-Arabija seien angegriffen worden. Unklar war zunächst, wer für die Angriffe verantwortlich war. Beide Sender hatten in den vergangenen Tagen ausführlicher als regierungstreue irakische Kanäle über die Proteste und Opferzahlen berichtet.

UN-Generalsekretär António Guterres rief die Regierung und die Demonstranten zu einem Dialog auf. Alle Beteiligten müssten "äußerste Zurückhaltung" zeigen, erklärte er in New York. Die Leiterin der UN-Mission im Irak, Jeanine Hennis-Plasschaert schrieb auf Twitter zu den Toten und Verletzten: "Das muss aufhören. Ich rufe alle Parteien dazu auf, einzuhalten und nachzudenken."

Der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr forderte die Regierung zum Rücktritt auf und verlangte eine Neuwahl unter Aufsicht der UN. Angesichts des "rücksichtslosen Blutvergießens" dürfe niemand schweigen, erklärte er nach Angaben irakischer Medien. Al-Sadrs Block hatte bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr die meisten Sitze gewonnen und die Regierung bislang unterstützt.

sputniknews


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